Geschichten zum Schmunzeln, die wir selbst erlebt haben...
Fliegende Gäste
Schauplatz ist die Tiroler Hütte am Ende des Mittenwalder Höhenwegs. Es handelt sich also quasi um einen "bayrisch-tirolerischen Grenzfall" - steht doch immerhin das Klohäusl auf bayrischem Boden! Die folgende Geschichte hat mir vor ein paar Jahren der alte Wirt der Tiroler Hütte erzählt, als ich ein Gewitter bei ihm oben ausgesessen habe - ich gehe einfach mal davon aus, dass sie wahr ist....
Ein Wanderer mit großem Rucksack kommt vorbei, bestellt sich ein Getränk und eine Brotzeit. Ißt, trinkt und bestellt noch ein Getränk. Der Hüttenwirt werkelt derweil hinter der Hütte herum. Als er wieder nach seinem Gast schauen will, ist der verschwunden und man sieht ihn gerade noch am Ende der Wiese mit seinem Gleitschirm abheben. Der Wirt ärgert sich ein paar Tage über den unverschämten Kerl und das verlorene Geld und geht dann zur Tagesordnung über.
Im Sommer darauf (also ein Jahr später) kommt ein Wanderer zur Hütte, legt einen Geldschein auf den Tisch und sagt, er hätte für seinen Kumpel, den Paraglider, noch eine Rechnung zu bezahlen: eine Brettljause und zwei Apfelschorle. Der hätte ja damals kein Geld dabeigehabt....
Seitdem - so der Wirt - glaubt er wieder, dass Bergsteiger eigentlich doch anständige Leute wären.... > nach oben
Gentleman
Die Autorin treibt sich in den Zillertalern herum und möchte den Hochfeiler besteigen. Das vorausgegangene schlechte Wetter hat dafür gesorgt, dass -obwohl Hochsommer- der Gipfelgrat des Feilers immer noch nicht schneefrei ist und leider auch pickelhart vereist. Der Hüttenwirt hatte freundlicherweise schon am Telefon gewarnt, dass ohne Steigeisen gar nix geht. Zu dieser Zeit besaß ich etwas antik wirkende Steigeisen, die mir ein lieber Kollege vermacht hatte, als er sich nach vielen Jahren des Gebrauchs doch mal moderneres Equipment zulegte. Ich saß also am Fuß des Feiler-Grats und wickelte die elendslangen Lederriemen meiner altehrwürdigen Eisen um die Füße, als ein vorbeikommender Bergsteiger -unverkennbar ein Münchner- in schallendes Gelächter ausbrach und fragte, ob ich ein Museum ausgeraubt hätte oder in einem historischen Film mitspielen würde. Da er einen Pickel dabei hatte, kam mir der gute Mann nicht ungelegen und ich fand, zum Ausgleich für soviel Frechheit könne man wenigstens erwarten, Trittstufen ins Eis geschlagen zu bekommen. Was soll ich sagen: ich bekam die größten, schönsten und kindgerechtesten Trittstufen, die jemals geschlagen wurden, und gleichzeitig noch einen angenehmen "Mitläufer" für den Rückweg! Herzliche Grüße an "Namenlos"! > nach oben
Sprachtest
Die Autorin ist am Untersberg im Berchtesgadener Land unterwegs und möchte zwecks Bildung die Schellenberger Eishöhle besichtigen. Ich bin ein bißchen früh dran für die nächste Führung und krame schon mal den Geldbeutel heraus. Es gibt einen Normaltarif und einen verbilligten Einheimischen-Tarif. Da ich nun mal nicht aus dem Berchtesgadener Raum komme, rechne ich mit dem Normaltarif. Schließlich erscheint auch der Herr Geologe, der durch die Höhle führen wird. Er schaut mich kurz an und fordert mich auf: "Sag' mal was!" Die Autorin kapiert erst mal gar nix und fragt ratlos zurück: "Wieso? Was soll I denn sagn?" Darauf der Herr Höhlen-Führer: "Langt schon, das war nur der Sprachtest. Einheimischen-Tarif!". Ich habe mich nicht gewehrt... > nach oben
Mordgedanken
Ein schöner Sommertag, die Autorin muß nicht ins Büro und sitzt stattdessen gemütlich auf dem Sonnjoch im Karwendel. Außer mir sitzt nur noch ein alter Tiroler oben, der freundlich gegrüßt hat, ansonsten aber auch nur seine Ruhe möchte. Soweit, so gut. Das "Unheil" naht in Form einer zehnköpfigen, thüringischen Wandergruppe. dass die Leute sich freuen, den Gipfel erklommen zu haben, ist ja schön; die damit verbundenen Jodelversuche erträgt man gelassen. Ebenso das 10-minütige "Wer-macht-jetzt-noch-ein-Foto-von-wem". Leider führt der kürzeste Weg vom Gipfelkreuz zur besten Foto-Position direkt über mein zum Trocknen ausgelegtes T-Shirt - aber gut, das muß ja eh' in die Wäsche.... Unerträglich wird es erst, als die Wandergruppe beschließt, altes deutsches Liedgut zum Besten zu geben. Sie singen nicht besonders melodisch, dafür aber laut und haben alle meine "Lieblings-Hits" auf Lager: vom schönen Westerwald bis hin zur schwarz-braunen Haselnuß! Sie singen nicht ein oder zwei Lieder, sondern geschlagene 20 Minuten lang! Die Blicke des alten Tirolers wechseln von belustigt über leicht-genervt bis zu unverhohlen zornig. Schließlich steht er auf, schaut lange prüfend in den Himmel und auf die gegenüberliegenden Berge und sagt schließlich langsam und laut: "Heut', mein' ich, gibt's no an Steinschlag - mit zehn Opfern!" Es herrschte (stein)schlagartig Ruhe.... > nach oben
Die Gams
Nach einer Überschreitung der Speckkarspitze übernachten wir in der wunderschönen Halleranger Alm. Als Abendessen bestellen wir Bratkartoffeln bzw. Schweinsbraten und sind doch ein wenig überrascht, als der Wirt uns das heftig auszureden versucht. Bratkartoffeln wären doch gar kein vollständiges Essen und der Schweinebraten wäre z.Z. nicht besonders gut. Leicht verwirrt suchen wir uns andere Gerichte aus, aber auch die macht uns der Wirt wieder madig. Wir sind schon die halbe Speisekarte durch, bis wir endlich kapieren und fragen, was wir denn essen sollen? Der Wirt grinst schelmisch und sagt: "De Gams miassat weg!". Eine Portion Gamsbraten ist er dann auch losgeworden - war gut! > nach oben
Alte Bekannte
Spätherbst, mal wieder im Karwendel. Wir sitzen auf der Lamsenspitze, sie ist wie immer gut besucht. Unter den anderen Bergsteigern sticht einer etwas heraus, weil er ein wenig abseits sitzt, barfuß ist und einen langen Pferdeschwanz trägt. Am darauffolgenden Wochenende besteigen wir mal wieder den guten, alten Guffert. Etwas vom Gipfelkreuz entfernt sitzt ein barfüßiger Herr mit Pferdeschwanz. Zunächst sieht es nicht so aus, als würde auch er uns wiedererkennen (so auffällige Erscheinungen sind wir nun auch wieder nicht!) Als wir aber aufbrechen und direkt an ihm vorbei müssen, grinst er uns an und sagt: "Und? Habt's schon eine Idee, wo wir nächste Woche hingehen?" > nach oben
Die Schönen und die Einheimischen
Die Autorin sitzt vor der Weilheimer Hütte, kurz unterhalb des Krottenkopfs im Estergebirge (Bayerische Voralpen) und wird Zeugin der folgenden Begebenheit:
Ein junger Mann erreicht die Weilheimer Hütte; er sieht aus wie gerade aus dem Sport-Event-Katalog entstiegen: "Tour-de-France"-verdächtiges, quietschgelbes Ganzkörper-Trikot, dazu ein cooles Piratentuch, Spiegelbrille und modisches Bärtchen. Er bildet einen hübschen Kontrast zum Hüttenwirt, der Trachtenhut, Strickjacke, Karohemd und Bartstoppeln trägt. Der junge Mann fragt den Wirt, wo es denn hier zum Krottenkopf ginge.
Für alle, die die Weilheimer Hütte nicht kennen: von dort führen zwar mehrere Wege nach unten, aber nur einer nach oben - mit dem bewährten Ausschlußverfahren wäre man der Lösung also schon recht nahe gekommen... Der junge Mann fragt also. Der Hüttenwirt legt fürsorglich den Arm um seine Schulter und justiert ihn vorsichtig in Richtung des einzigen bergauf-führenden Pfads. Dann sagt er freundlich: "Da gehst jetzt nauf, bis'd mit der Nase an was Hölzernes stößt. Das ist dann das Kreuz. Da mußt dann wieder umdrehen - sonst kommst uns noch nach Amerika!" Soll ja keiner sagen, die Bayern wären nicht hilfsbereit! > nach oben
Der Blumenfreund
Wir sind im Südtiroler Ahrntal unterwegs und wollen auf den großen Moosstock (jeder, der schon mal ein Buch vom Hans Kammerlander gelesen hat, kennt den Moosstock: Kammerlanders Haus- und Trainingsberg). Von Rein aus aufsteigend, führt der Weg zunächst über Almgelände. Überall wird gerade gemäht: während die unteren, etwas flacheren Wiesen maschinell abgeerntet werden, hilft auf den Steilhängen nur die gute, alte Sense. Und das scheint die Domäne der Großväter zu sein: überall rüstige, braungebrannte ältere Herren, die mit grosser Perfektion und Ausdauer die Sense bedienen. Noch lange hören wir das gleichmäßige "tschok-tschok"....
Als wir am Abend zurückkommen, ist die gesamte riesige Wiese ratzeputz gemäht. Kein Grashalm steht mehr - aber mittendrin ein Prachtexemplar von Türkenbund-Lilie!
Irgendjemand hat sich also bei dieser Knochenarbeit und mit diesem schweren Gerät noch die Mühe gemacht, sorgfältig um diese wunderschöne Blume herumzuschneiden! Dieser "jemand" muss ein sehr sympathischer Mensch sein - wir hätten ihn gern kennengelernt..... > nach oben
Garderobenprobleme
Zur Erklärung vorneweg: Ein lieber Bergkamerad hat die Angewohnheit, die "Anreise" ins Gebirge noch in Straßenklamotten zurückzulegen und sich erst am Ausgangspunkt der Tour in seine Berg-Kluft zu werfen. Dazu braucht es dann am Parkplatz natürlich umfassende Aus- und Wieder-Anzieh-Manöver. Und abends dann das gleiche Procedere in umgekehrter Richtung.....
Also: Wir wollen eine Wanderung in den hinteren Lechtalern machen und unser Kumpel steht mal wieder bis auf die (übrigens sehr poppige) Unterhose entkleidet auf dem Wanderparkplatz. Justament in diesem Augenblick kommt eine Gruppe einheimischer Frauen vorbei - alle sehr feierlich in Festtagstracht und mit Gebetbuch, offensichtlich auf dem Kirchgang. Würdevoll wie sie nun mal sind, belassen sie es beim Anblick unseres Kumpels bei Getuschel und leisem Kichern. So weit, so gut.
Nach der Wanderung also wieder Garderobenwechsel. Ob man es glaubt oder nicht: gerade als unser Kamerad wieder in der (immer noch poppigen) Unterhose herumsteht, erscheint wieder ein Trupp Einheimischer, darunter auch die Damen vom Morgen. Diesmal ist das Gejohle groß und eine stattliche Bäuerin ruft herüber: "Ja, gibt's denn bei Euch nicht einmal was Neues? Diese Unterhose kennen wir doch schon!"
(Der Hauptdarsteller hat uns die Veröffentlichung der Geschichte erlaubt, sofern auf Fotos, Namensnennung und eine Detailbeschreibung der Unterhose verzichtet wird!) > nach oben
Der Experte
Wir besteigen einen unserer Lieblingsberge, den Thaneller in den vorderen Lechtaler Alpen; und zwar auf unsere Lieblingsweise: Aufstieg über den teilweise etwas exponierten, aber objektiv nicht schwierigen Werner-Rietzler-Steig, Abstieg über die harmlose Südflanke. Gerade als wir auf dem Gipfel eintreffen, kommt auch über den Südsteig ein älterer Herr herauf, der sich gleich bei uns niederlässt und uns ein Gespräch aufdrängt - oder besser gesagt einen Monolog. Damit wir uns nicht langweilen, erklärt uns der Herr ungefragt sämtliche umliegenden Berge. Unsere schüchternen Einwürfe, wir würden uns durchaus auch ein wenig auskennen, ignoriert er...
Irgendwann kommt er mit seinen Ausführungen auch zum Thaneller selber und erklärt uns, es gebe auch einen Steig durch die Nordwand, den sog. Werner-Rietzler-Steig, aber der wäre sehr schwer. Wir grinsen und erwähnen, dass wir den gerade heraufgekommen wären und dass er sooo schlimm nicht sei. Er ignoriert unseren Einwand und beharrt darauf, dass der Steig sehr schwer und nur für geübte Kletterer geeignet wäre - er hätte sich da erkundigt. Etwas lauter und energischer (man weiß ja nicht, ob es an den Ohren oder am Hirn fehlt) wiederholen wir unseren Einwand. Er schüttelt bedauernd den Kopf und sagt: " Der Rietzler-Steig? Nein, nein, Kindchen (!!!!) - für Dich ist das Nichts!"
Bevor uns unsere pazifistische Grundeinstellung endgültig flöten geht, packen wir unseren Krempel und ziehen um auf einen Nebengipfel, denn scheinbar hat der gute Mann konstruktionsbedingt nur einen Sende- aber keinen Empfangskanal mitbekommen. Gottlob treffen über den beliebten Südsteig ständig neue Opfer für ihn ein.... > nach oben
Bayrisch-tirolerischer Grenzverkehr
Die Autorin behauptet jahrelang, nie Opfer der Tiroler Raubritter und Wegelagerer (=Verkehrspolizisten) zu werden, da sie ja genau wüßte, wo die sich postieren. Natürlich geht das nicht ewig gut; an einem Ostersonntag greifen die Gesetzeshüter zu einem üblen Trick und stellen sich plötzlich wo anderes hin. Prompt gehen wir in die Falle.
Selbstverständlich sind wir ganz zerknirscht, als wir erfahren, dass wir doch etwas arg schnell unterwegs gewesen wären und dass das jetzt "eigentlich 25,- Euro kosten würde". Bei uns kommt nur "eigentlich" und "würde" an und wir fragen vorsichtig nach einem Feiertags-Rabatt. Der Polizist grinst und wirft einen Blick auf das verdreckte Bergsteiger-Geraffel im Auto. Er will alles ganz genau wissen: auf welchem Berg wir gewesen wären, welchen Auf- und Abstieg wir genommen hätten, ob wir auch die Nachbarberge X und Y kennen etc. Er ist halbwegs zufrieden mit uns und freut sich, dass wir ein paar seiner "Geheimtipps" noch nicht kennen. Er will uns schon gute Fahrt wünschen, als ihm leider sein Strafzettelblock in der Hand wieder einfällt. Er überlegt kurz und fragt dann, ob wir denn auch ein bissl Geld in Tirol gelassen hätten. Wir antworten wahrheitsgemäß, dass wir einige Apfelschorlen und Topfenstrudel konsumiert hätten und eigentlich noch tanken wollten - vorausgesetzt, die Polizei würde uns zuvor nicht unser ganzes Geld abknöpfen.
Nun lacht der Herr Raubritter endgültig und wir werden mit einem freundlichen "Schleicht's euch" entlassen. Während wir tanken, können wir beobachten, wie die nachfolgenden Fahrzeuge abkassiert werden - die hatten wohl kein schlammverkrustetes Wanderzeug im Auto.... > nach oben
Bundesheer auf Tour
Dank Resturlaub sitzt die Autorin mitten in der Woche allein auf der geliebten Wankspitze und beobachtet, wie ein Trupp Skitourengeher
-offenbar Soldaten des österr. Bundesheers- das freie Gelände heraufkommt. Der Chef der Truppe sieht enorm sportlich aus und schlägt ein knackiges Tempo an. Nur die wenigsten Rekruten können folgen, die meisten sind -je nach Kondition und Beherrschung der Ski- über den gesamten Hang verstreut.
Als einer der letzten erreicht ein etwas pummeliger Rekrut den Gipfel. Noch schwer keuchend tippt er mich an und flüstert: "Kennst Du Dich hier ein bissl aus? Dann könnt'st mir helfen!" Ich frage, worum es geht und erfahre, dass der zackige Chef wohl gerne Gipfel-Erkennungs-Quiz mit seinen Rekruten spielt und wenn nicht jeder mindestens 2 umliegende Gipfel identifizieren kann, wird der Chef grantig und das ist meistens nicht gut. Ich erfahre weiterhin, dass der etwas unsportliche Rekrut und zwei seiner Kumpels aus dem Burgenland stammen und nicht die geringste Ahnung haben, welche Berge es in Tirol so gibt - also denkbar schlechte Karten für das Quiz. Wenn ich vielleicht ein wenig soufflieren könnte....?
Den Jungs konnte geholfen werden - insgesamt sechs Berge haben wir dann doch noch zusammengebracht. > nach oben
Alpinisten-Nachwuchs
Im leichten Klettersteig des Ettaler Manndls treffen wir auf einen Vater und seinen Junior im Vorschulalter. Während der Vater den Sprössling nach allen Regeln der Kunst sichert, klettert der Kleine wie ein Affe: völlig angstfrei und in höchster Konzentration, wobei er auch immer brav das "okay" vom Papa abwartet. Es ist richtig schön zum Zuschauen. Am Gipfel kommen wir mit dem Vater ins Gespräch und erfahren, dass der Junior immer traurig war, wenn der Vater sein Kletterzeug packte und er daheim bleiben musste. Also hat ihm der Vater notgedrungen versprochen, dass er mit zum Klettern darf, wenn er mal sechs Jahre alt ist.
Der Vater hatte dieses Versprechen schon halb vergessen, der Filius nicht: der stand am Morgen seines 6. Geburtstags um 5:00 vor Papas Bett und legte diesem mit den Worten "Ich bin jetzt sechs!!!" das Kletterseil auf den Bauch. Und so musste der Papa halt auf's Ettaler Manndl..... > nach oben
Schwierige Kundschaft
Die Hütte hoch oben am Tiroler Alpenhauptkamm ist -gemessen an ihrer Lage- tadellos in Schuss und gut bewirtschaftet. Allerdings ist sie halt doch anders als die Hotels im Tal -was eine sehr hochdeutsch klingende Wandergruppe bei jeder Gelegenheit feststellen muss. Zu ihrem ganzen bisherigen Unglück (keine heißen Duschen, Mehrbettzimmer, zu wenig Steckdosen für Handy-Ladegeräte etc) kommt nun auch noch eine begrenzte Speisenauswahl. Auf Vegetarier ist die Küche eingestellt, nicht aber auf die geballte Anhäufung von Lebensmittelunverträglichkeiten und -allergien, die eine Gruppenteilnehmerin lauthals zum Besten gibt und ungefragt auch gern im Detail erläutert. Spaghetti mit Tomatensoße? Unmöglich, das sind ja vielleicht Nudeln mit Ei drin und das geht dann gar nicht. Die Kellnerin kann leider keine Auskunft geben, ob die Nudeln Ei enthalten und holt die Wirtin. Die weiß es auch nicht, versucht aber ihr Bestes, der guten Frau irgendein anderes Gericht schmackhaft zu machen. Vergebens. Die Dame ist bereits den Tränen nahe, Kellnerin und Wirtin sind mit ihrem Latein am Ende und die restlichen Gäste mit ihrer Geduld, denn dank der guten Frau ist der Service und Essensnachschub nahezu zum Erliegen gekommen. Ein bayrischer Gast hat die Schnauze voll und ruft wenig charmant: "dann iss' hoid Bratkartoffe, Du bläde Goas!", was bei der Dame umgehend zu einem veritablen Heulkrampf führt. Nachdem sie von sämtlichen Gruppenmitgliedern zeitintensiv getröstet wurde, bestellt sie tatsächlich die Bratkartoffeln und vertilgt sie ratzeputz. Übrigens mitsamt dem darüberliegenden Spiegelei.
Was man daraus lernt: sollte ein Hüttenwirt mal grantig sein - habt Verständnis! Man weiß nie, welche Gäste er gerade hatte! > nach oben
Fürsorge südtirolerisch...
Die Autorin muss Überstunden abbauen und tut dies genussvoll auf dem Vinschgauer Aussichtsplatz, dem Chavalatsch. Ich sitze schon eine Weile allein am Gipfel, als ein älterer, einheimischer Herr dazukommt. Er grüßt freundlich, setzt sich ans andere Ende des Gipfel-Hüttchens und die nächsten anderthalb Stunden geniessen wir -ohne ein weiteres Wort- die Herbstsonne und den Blick auf den frisch verschneiten Ortler. Irgendwann packt der Herr dann wieder zusammen und macht sich an den Abstieg. Er ist schon ein Stück den Gipfelhang hinunter, als ihm scheinbar etwas einfällt. Er macht kehrt und stapft wieder zu mir herauf - und wünscht mir im schönsten Vinschger Dialekt einen guten Abstieg und ermahnt mich, immer gut auf mich aufzupassen, wenn ich so allein im Gebirge herumrenne! Sind halt nette Leute, die Südtiroler... > nach oben
Fürsorge osttirolerisch...
"Komme gleich" steht an der Rezeption der kleinen osttirolerischen Pension, wo ich mich kurzfristig einquartiert habe. Ich schaue mich ein wenig um und entdecke auf dem Rezeptionstresen drei riesige braune Apothekerflaschen. Eine Schnüffelprobe ergibt eindeutig Franzbranntwein und Arnika-Tinktur (den Schrecken meiner Kindheit), das dritte, irgendetwas Öliges, kann ich nicht identifizieren. Als die freundliche Wirtin dann kommt, frage ich sie nach der Bewandtnis der Flaschen an der Rezeption.
"Oh mei", sagt sie, "Du glaubst ja gar nicht, wie kaputt die Urlaubsgäste manchmal nach ihrer ersten Tour sind. Die sind das Berggehen ja nicht gewohnt. Manchen muß man sogar die Treppe hinaufhelfen und am nächsten Tag kommen's fast nicht mehr herunter. Dann kriegen sie halt meine selbstgemachte Hausmedizin mit hinauf auf's Zimmer: Franzbranntwein gegen den Muskelkater, Arnika gegen die Blasen und Johanniskraut-Öl (aha!) gegen die Gelenkschmerzen. Wenn sie's nicht mehr brauchen, stellen sie's zurück an die Rezeption für die nächsten Gäste und ab und zu füll' ich halt wieder auf". Oben im Zimmer entdecke ich im üblichen Info-Ordner dann noch eine handgeschriebene Anleitung, wie man den Franzbranntwein am besten ins ermattete Wadl einmassiert... > nach oben
Fürsorge afrikanisch...
Vor der Besteigung von Mt. Meru und Kilimanjaro verbringen wir ein paar Tage auf Safari, u.a. in der Mt. Meru Game Lodge. Joshua ist dort Nachtwächter, Sicherheitsdienst und Hausmeister in Personalunion. Er ist recht leutselig und will genau wissen, was wir denn noch vor hätten in Tansania. Wir erzählen, dass die Besteigung des Kili ein alter Traum von uns ist, den wir uns nun gern erfüllen würden, vorausgesetzt wir vertragen die Höhe einigermaßen. Joshua beruhigt uns: das würde bestimmt klappen, außerdem würde er ja für uns beten! Uns ist das ein bissl peinlich und wir sagen ihm, er könne gern für uns beten, wenn wir mal ganz arg krank oder in sonst einer lebensbedrohlichen Situation sind, aber die Besteigung des Kili wäre ja -Traum hin oder her- keine soooo wichtige Angelegenheit. Joshua lässt aber nicht locker: er verstehe zwar nicht, warum die Leute immer auf Berge rennen müssen, aber wenn wir schon so lange vom Kili träumen und von soweit her gekommen sind, dann müsse das ja offenbar sehr wichtig für uns sein. Und dann betet er halt!
Nach (erfolgreicher) Meru- und Kili-Besteigung sind wir wieder in der Lodge und wuchten gerade unser Gepäck aus dem Auto, als Joshua uns entdeckt. Schon von weitem schreit er uns entgegen, ob wir es denn geschafft hätten? Als er unsere strahlenden Gesichter und die hochgereckten Daumen sieht, kommt er die gesamte Auffahrt heruntergaloppiert, um uns zu umarmen! Obwohl er selber kein Bergsteiger ist und es ihm eigentlich reichlich wurscht sein könnte, kommt er an diesem Tag noch zweimal, um uns zu beglückwünschen! > nach oben
In eigener Sache...
Die Autorin irrt in den wunderbar stillen Seitentälern des Brenner umher und findet -trotz längerer Sucherei- den in der Karte verzeichneten Weg nicht. Ich beschließe, noch etwas im Talgrund weiterzugehen bis zu einem bewohnten Hütterl und dort zu fragen. Ich bin noch gar nicht ganz dort, als mir der Bewohner, ein älterer Herr, schon entgegenruft: "Mei, des is' aber schön, dass i heit an Bsuch kriag!". Und der erste Schnaps steht auch gleich da (um halb neun in der Früh!). Neben der gewünschten Auskunft (der gesuchte Weg war durch einen Felssturz zerstört und ist nicht mehr begehbar) erfahre ich auch, dass der Herr Almbewohner eigentlich Schreiner ist, aber aufgrund seiner völlig maroden Knie frühpensioniert worden ist. Sein ganzes Leben hat er davon geträumt, mal eine Alm zu bewirtschaften und diesen Wunsch wollte er sich jetzt im Ruhestand erfüllen, obwohl ihm alle Bekannten heftig abrieten und die Familie ihn geradewegs für verrückt erklärte angesichts seines Gesundheitszustands. Sie schienen auch recht zu behalten: schon nach wenigen Tagen auf der Alm mit der körperlichen Belastung und dem Bergauf- und Bergabgerenne verschlimmerten sich seine Knie drastisch und nach mehreren schlaflosen Nächten musste er einsehen, dass die Familie wohl recht gehabt hätte und er wohl aufgeben muss. Er packte also sein Zeug zusammen und machte sich auf den Weg ins Tal. In der letzten Kurve vor dem Ortseingang machte er nochmal Pause und stellte sich vor, wie sie alle reden würden: "Wir haben es ja gleich gesagt... Schnapsidee.. Halt auch nicht mehr der Jüngste... Alter Depp..." etc. Und er beschloß, noch einen Versuch zu machen; hinuntergehen könnte er ja immer noch.
Insgesamt ging es dreimal so: Dreimal packte er von Schmerzen zermürbt sein Zeug und stieg ab - und dreimal drehte er in der letzten Kurve wieder um, um doch noch einen Versuch zu machen. Irgendwann passierte dann, womit er selber nicht mehr gerechnet hatte: die Knie wurden besser und besser und am Ende der Saison (als ich ihn kennenlernte) war er das erste Mal seit Jahren quasi schmerzfrei.
Als mich vor einigen Jahren eine sehr schmerzhafte Erkrankung befiel und die Ärzte nach vielen erfolglosen Behandlungsversuchen das böse Wort "austherapiert" in den Mund nahmen, dachte ich viel darüber nach, ob und wie mein Leben weitergehen soll. Dabei hat mir die Erinnerung an die Geschichte des alten Herrn mehr geholfen als irgendetwas sonst. Vor allem weitaus mehr als die Psychologin, die mit mir nur über das "Sich-Abfinden" sprechen wollte und mir den tollen Rat gab, ich solle doch statt Bergsteigen einfach Handarbeiten machen, das wäre doch auch schön!
Ach ja: der alte Herr hat mir noch erzählt, dass ihn -obwohl sonst eigentlich ein fröhlicher Mensch- auch gelegentlich die Angst packt: vor Krankheiten, dem Alter, dem Abhängig-Sein. Wenn es zu schlimm wird, setzt er sich in der Nacht aufs Motorradl, fährt nach Matrei, steigt im Morgengrauen hinauf zur Serles und schaut sich dort den Sonnenaufgang an. Dann ist die Angst weg und er hat wieder Kraft für viele Wochen. Seine Familie hält ihn deswegen für ein wenig verrückt. Nun ja, dann sind es immerhin schon zwei Spinner - ich verstehe den alten Herrn nämlich sehr gut! > nach oben
Bergsteigen interkulturell
Die Firma, für die ich arbeite, beteiligt sich an einem Trainee-Programm mit asiatischen Universitäten und so stehen an einem frostigen Februartag 20 junge Leute aus Singapur, Jakarta und Kuala Lumpur bei uns auf der Matte: alle sehr schüchtern, alle von oben bis unten in Daunenkleidung verpackt und alles reine Großstadtkinder. Die Daunenkleidung - so erfahren wir- stammt aus einem Shop in Singapur, der Everest-Expeditionen ausrüstet... Damit sich die Trainees nicht so einsam fühlen, bekommt jeder einen Paten zur Verfügung gestellt, auch ich darf zwei nette Mädels betreuen. Natürlich zeigen wir Paten den Schützlingen nicht nur die Firma, sondern nach Feierabend auch die ein oder andere Sehenswürdigkeit der Stadt München und später auch das Umland.
Wer mag, kommt also in den Genuss meiner Lieblingsvorzeigetour für Bergneulinge: Garmisch-Kreuzeck (per Seilbahn)-Hupfleitenjoch-Höllentalklamm. Tatsächlich sind alle mindestens mit Turnschuhen ausgestattet, einige ganz eifrige haben sogar in Bergstiefel investiert, an denen noch vereinzelt ein Preisschild baumelt. Obwohl so manche Wurzel und so mancher loser Stein unsere asphaltgewohnten Großstadtkinder zu Fall bringt, schaffen wir den Abstieg ins Höllental einigermaßen problemlos und mit ungebrochener Begeisterung. Kurz vor der Höllentalangerhütte verliert Johnny aufgrund der Fotografiererei etwas den Anschluss und will querfeldein durch die Botanik abkürzen. Noch bevor ich "Vorsicht" schreien kann, steht er mit den nackten Wadln schon mitten drin ... in den Brennnesseln! An was man alles denken muss - natürlich kennt ein ostasiatisches Großstadtkind keine Brennnesseln! Wehgeheul, rotgefleckte Wadl und Rufe nach Arzt, Bergwacht und Weißgottwem. Nur mit Mühe kann ich vermitteln, dass Brennnesseln zwar unangenehm, aber komplett harmlos sind. Es dauert etwas, bis wir weiter können, denn erst müssen alle (wirklich alle) diese gefährliche Pflanze fotografieren!
Weil wir gerade schon bei Pflanzen sind, erklären wir auch anhand einiger stattlicher Exemplare, dass man aus gelbem Enzian Schnaps machen kann, der gut für die Verdauung ist. Weil uns das keiner glaubt, ordern wir an der Höllentalangerhütte ein paar Stamperl Enzianschnaps, die sich jeweils fünf ansonsten alkoholabstinente Asiaten teilen. Es ist schön zum Zusehen, wie sich die Gesichter beim Probieren in alle Richtungen verziehen. Da unsere wohlerzogenen Trainees aber auch in dieser Situation höflich bleiben, fasst der inoffizielle Sprecher Brian das Geschmackserlebnis wie folgt zusammen: "Nun ja, man könne sich schon vorstellen ... also, wenn jemand ganz, ganz arg krank sei ... ääääh ..."
Nach der Brotzeit besuchen wir noch den Wasserfall am Talschluss. Während alle durcheinander wuseln und knipsen, sitzt Johnny mucksmäuschenstill und reglos im Gras. Auf meine Frage, was los sei - keine Antwort. Allmählich mache ich mir Sorgen: Überanstrengung, Unterzucker, zu viel Höhe oder Sonne? Oder doch eine seltene Brennnessel-Allergie? Erst als ich Johnny antippe, sagt er langsam und wie in Trance: "Alles okay, ich habe nur im ganzen Leben noch nie etwas so Schönes gesehen. Bitte lass' mich einfach noch hier sitzen". Das darf er natürlich. Der weitere Abstieg durch die Klamm ist wieder von diversen Ausrutschern und Stolperern geprägt, was der Begeisterung aber keinen Abbruch tut. Auch dass am nächsten Tag die Hälfte der Mannschaft muskelkaterbedingt die Treppen nur noch rückwärts heruntergehen kann, ertragen die Neu-Bergsteiger mit großer Tapferkeit. Vielleicht trug dieser Ausflug auch ein wenig dazu bei, dass sich einige unserer Trainees im Lauf der nächsten zehn Monate zu richtigen Berg-Fans entwickelten und fast jede Spielart des Bergsports ausprobierten. So mancher Pate musste jedenfalls seinen Schützling frisch verpflastert und vernäht, aber bestens gelaunt, aus irgendeiner Notaufnahme abholen. > nach oben
Überfragt
Es wird unübersehbar Frühling, der Schnee taut im Rekordtempo weg. Während mir Schneeschuhgeherin völlig wurscht ist, bis wie weit der Schnee noch hinunterreicht, wünscht sich mein skifahrender Bergspezi Schnee ab Parkplatz - Ski-Tragen kommt nicht in Frage. Deshalb steuern wir bei fast schon sommerlichen Temperaturen das eigentlich schneesichere Wattental in den Tuxer Alpen an. Bekanntlich ist dort das Tourengelände in einen militärischen Sperrbezirk integriert; auf einer großen Übersichtstafel am Parkplatz kann man sich informieren, welche Bereiche ggf. für Schieß- und Sprengübungen gesperrt sind. Heute ist nichts los - alle Gebiete sind freigegeben. Während wir die Tafel studieren, kommt auch Rekrut S. aus seinem Wachhäuschen; sein Gesichtsausdruck ist mit "gelangweilt" nur unzureichend beschrieben. Mein Bergkumpel fragt ihn aus: wie denn die Schneelage weiter hinten im Tal wäre? Der Rekrut zuckt mit den Achseln - das wüsste er leider gerade nicht. Ob denn das Hüttentaxi zur Lizumer Hütte noch fahre? Achselzucken - keine Ahnung. Ob denn die Lizumer Hütte überhaupt noch geöffnet hätte? Auch hier kann Rekrut S. nicht weiterhelfen; langsam wird es ihm peinlich, der Arme ist schon ganz rot angelaufen. Als wir zum Auto zurückgehen, um anderswo nach Schnee zu suchen, kommt uns Rekrut S. nachgaloppiert. Stolz vermeldet er: "Aber schiassn tun wir heut ned!". Er wollte halt auch mal was wissen... > nach oben
Orchideen als Beruhigungsmittel
Normalerweise tragen die Blumenfreunde, die mich zu den Andechser Orchideen begleiten, robuste Kleidung und Schuhwerk. Diesmal wartet am Parkplatz aber auch ein Herr in feinen Lederschuhen, Business-Anzug und erkennbarer Saulaune. Auf meine Frage, ob er denn in diesem Aufzug... fange ich mir gleich eine deutliche Abfuhr ein, das sei sein Problem und ich solle lieber zusehen, dass ich meine Führung ordentlich hinbekäme. Eine Weile ignoriere ich seine ständigen Nörgeleien, aber irgendwann wird es mir zu bunt und ich sage dem wohlgekleidetene Herrn, dass ich keine Schuld an seiner Saulaune hätte und er sie gefälligst nicht an mir auslassen solle. Mit 10m Abstand trottet der gute Mann dann der Gruppe hinterher und patscht verächtlich mitsamt Lederschuhen und Anzughose durch die Pfützen zur ersten Orchideenwiese. Die steht in voller Blüte und Farbenpracht und auch der Herr mit der Saulaune kann sich ihrem Charme nicht ganz entziehen. Er fängt an, einzelne Blümchen ganz genau zu betrachten und hört brav meinen Erklärungen zu. Auf der zweiten Orchideenwiese unterhält er sich dann bereits mit den anderen Teilnehmern und stellt interessierte Fragen. Und auf der dritten Orchideenwiese steht er nur noch bewegungslos in der Blumenpracht und lächelt in den Abendhimmel. Wieder zurück am Parkplatz bedankt er sich herzlich, entschuldigt sich für seine schlechte Laune zu Anfang und sagt den wunderschönen Satz: "Die Orchideen und Sie haben mir heute den Tag gerettet!". Daheim finde ich dann in der Außentasche meines Rucksacks auch noch ein fürstliches Trinkgeld. Was die Orchideen alles können! Schön, dass es sogar bei mega-gestressten Großstädtern noch wirkt. > nach oben